Band 2
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Konrad von Feuchtwangen (1259 - 1296)

Konrad als Landkomtur von Österreich

Von Konrad von Feuchtwangen 1 erfahren wir erstmals durch eine Urkunde des Zisterzienser-Stiftes Heilig Kreuz im Wiener Wald vom 20. Mai 1259, in der er bei einem Vergleich der Deutschordenskommende zu Wien mit der Abtei Heilig Kreuz wegen einer streitigen Besitzung zu Höflein (am Donauknie nördlich Wien) als Komtur der Ballei Österreich erwähnt wird. 2 Wann und wo Konrad dem Deutscheu Orden beigetreten ist und welche Positionen er dort vor seiner Amtszeit als Landkomtur von Österreich innegehabt hat, ist nicht bekannt. Arnold weist darauf hin, daß Konrad möglicherweise in der folgenden Zeit zwischen 1259 und 1279 als Treßler des Ordens in Akkon geweilt haben könne, weil über Konrad für diese Zeit keinerlei Informationen vorliegen. Er bezieht sich hierbei vorwiegend auf einen Beleg, der besagt, daß am 16.Dezember 1261 in Akkon ein gewisser Konrad als Treßler tätig gewesen sei. 3 Arnold schreibt: der Name Konrad ist also in den sechziger und siebziger Jahren des 13. Jahrhunderts unter den Amtsträgern des Ordens im Heiligen Land sehr selten, was durchaus für eine Identität des Treßlers Konrad mit Konrad von Feuchtwangen sprechen könnte." Er stellt auch im Vergleich der Ämterlisten im Treßleramt und der der Landkomture von Österreich fest, daß diese es ohne weiteres zulassen, die Berufung Konrads von Feuchtwangen ins Heilige Land als gegeben anzusehen. Hierfür käme die Zeit zwischen Herbst 1261 bis spätestens Herbst 1271 in Frage. 4 Tumler vermutet, daß Konrad eine zweite Amtszeit als Landkomtur von Österreich und zwar von 1271 bis 1279 innegehabt habe. 5 Auch Militzer nennt für die Zeit von 1271 bis 1274 einen Konrad als Landkomtur von Österreich. 6 Es dürfte sehr wahr scheinlich unser Konrad von Feuchtwangen gewesen sein, der, wenn er tatsächlich der Treßler gewesen war, um diese Zeit sich nicht mehr in der Ordenszentrale aufgehalten haben wird. Am 12. Juni 1271 mußte der Deutsche Orden nach erbittertem Kampf seine Festung Montfort dem Sultan Baibar überlassen. Der Orden verlor somit auch die dort erworbenen Gebiete in Palästina. Arnold schließt sich der Meinung von Tumler an, daß Konrad von 1271 bis 1279 ein zweites Mal als Landkomtur von Österreich amtierte. Während dieser Amtszeit übertrug Hochmeister Anno von Sangershausen am 29. Dezember 1271 zu Hosterlitz (zwischen Brünn und Znaim) mit Einverständnis des Landkomturs von Böhmen und Mähren das in dessen Besitz befindliche Dorf Dürnkrut an der March, etwa 45 km nordöstlich von Wien, der Ballei von Österreich und ordnete es der Kommende Wien zu. 7 Diese gewann durch weitere Besitzerwerbungen wie zum Beispiel das Kirchenpatronat von Spannberg (Diözese Passau), den Ankauf von Weingärten von Klosterneuburg (15 km nördlich von Wien), 1276 und 1279 für den Orden an Bedeutung. 8 1275 erhielt der Orden für den Neubau seiner Leechkirche auf dem Leechhügel in Graz einen bischöflichen Ablaß von fünf Jahren. 9 Am 7./8. August 1274 nimmt Konrad in der Gesandtschaft Königs Ottokar II. von Böhmen bei den Verhandlungen in Udine (Friaul/Italien) zwischen dem König und dem Patriarchen Raimund von Aquileja (Italien, nahe Triest) teil, bei welchen Ottokar am 7. August die Übertragung aller von den Herzögen Leopold und Friedrich von Österreich und Ulrich von Kärnten innegehabten Lehen "et specialiter castrum et civitatem Windesgrec (Windischgrätz) cum omnibus attenenciis"10 fordern läßt. Die Antwort des Patriarchen am folgenden Tag war unter anderem, daß dies von der päpstlichen Genehmigung abhängig sei. 11 König Rudolf I. von Habsburg, Gegner des Böhmenkönigs, war aber ebenso an einem guten Verhältnis zum Deutschen Orden interessiert, brauchte er doch Befürworter für seine angestrebte Wahl zum Kaiser. Auch er sah in Konrad einen zuverlässigen Berater. Der Hochmeister konnte nur einen fähigen Gebietiger als Landkomtur seiner Ballei Österreich einsetzen. Schließlich war Wien eine wichtige Verbindungsstelle zwischen dem Orden in Deutschland und dem Hochmeister im Heiligen Land. So gestattete Rudolf 1278 dem Orden die Errichtung einer eigenen Schule in Graz. 12 1277 konnte auch die Kommende Laibach (Ljubljana) ihren Besitz wesentlich erweitern. 13 Gewiß konnte Konrad nicht in allen Fällen diesen Aufschwung in seiner Ballei Österreich persönlich herbeiführen. Aber sein politischer Scharfsinn und die ihm entgegengebrachte Sympathie aus Fürstenkreisen erleichterten den Fortschritt im weiteren Ausbau der Ballei.

Geschickt erwarb er das Vertrauen Ottokars von Böhmen sowie des Königs Rudolf von Habsburg, ein Nutzen für den Orden allgemein. Das gute Verhältnis zum Böhmenkönig und auch zu den polnischen Fürsten war eine unabwendbare Notwendigkeit; denn durch ihre Fürstentümer führte damals die einzige Verbindung zu Preußen und Livland. Die Ballei Böhmen-Mähren nahm eine Sonderstellung ein zwischen dem Hochmeister und dem Deutschmeister. Zur Unterstützung der Unternehmungen in Preußen und Livland wurden die Ordensgüter in dieser Ballei aus dem Verwaltungsgebiet des Landkomturs von Deutschland, des Deutschmeisters, herausgelöst und spätestens 1233 dem Landmeister von Preußen unterstellt. Die personelle Verbundenheit der Ballei Böhmen-Mähren zeigt die Abhängigkeit von ihr zu Preußen. Diese Abhängigkeit wurde ab 1299 besonders stark. 14 Den Gewohnheiten (Gesetzen) nach und verfassungsrechtlich gehörten die Kammerballeien und Böhmen zu Preußen. Dem Hochmeister war das Recht zum Eingreifen in die Geschicke der Kammerballeien gegeben, so daß diese gegebenenfalls als Pfandobjekte für dem Hochmeister geleistete Dienste angesehen werden konnten.15  Sie sollten von finanziellen Erhebungen des Deutschmeisters ausgenommen sein, was jedoch nicht immer der Fall war. Zur Auffrischung und Auffüllung der preußischen Kommenden wurden immer wieder Preußenfahrten und Kreuzzüge unternommen, so auch der Preußenzug des Markgrafen Heinrich von Meißen 1236, Ottokars I. von Böhmen 1269 und des Markgrafen Dietrich von Meißen 1272. 16 Die Hilfeleistungen der Deutschordensballeien in Deutschland 1260 - 1283 für Preußen waren mit entscheidend für die günstige Entwicklung des werdenden Ordensstaates an der Ostsee. 17

Politische Fähigkeiten und der Weitblick Konrads, vom Hochmeister Hartmann von Heldrungen (1274 - 1283) wohl erkannt, dürften auch den Ausschlag gegeben haben, daß der Feuchtwanger nach dem Ausfall des Landmeisters von Preußen, Konrad von Thierberg dem Älteren, sowie des Landmeisters von Livland, Ernst von Ratzeburg (gefallen am 5. März 1279 bei den Kämpfen gegen die aufständischen Stämme der Preußen), zum Landmeister für Preußen und Livland berufen wurde. 18 Nach dem letzten Einfall der Sudauer und ihren Verwüstungen im ganzen Kulmer Land sowie wegen der ständigen Bedrohung in Livland durch den Fürsten Trojden der Litauer, brauchte der Hochmeister einen tatkräftigen Mann in den Ostseeregionen des Ordens. Er selbst war zu sehr mit den Sarazenen im Heiligen Land beschäftigt.

Zum letzten Mal ist Konrad als Landkomtur von Österreich am 28. März 1279 in Judenburg (Österreich/Steiermark) beim Verkauf von Ländereien für das Stift Admont bei Judenburg erwähnt. In der betreffenden Urkunde wird er als "commendator domus Theutonicorum per Austriam, Styriam, Karinthiam et Kanrioliam" bezeichnet. 19 Kurz danach am 30. April 1279, vermutlich während des Generalkapitels zu Marburg, wird dieser Verkauf vom Hochmeister bestätigt mit dem Hinweis auf Konrad als "ordinis nostri commendatorem tunc temporis provincialem Austriae, Styriae, Karinthie ac Carniole". 20


1) Arnold, KvF S. 5, nimmt an, daß Konrad vor 1230 geboren ist.
2) Weis, Urk. 1, S. 143 Nr. 147; Tumler, DO S. 626, gibt in einer Ämterliste der Landkomture von Österreich als Amtszeit Konrads 1259 - 1261 an. Max Wilberg nennt in seinen Regenten-Tabellen S. 317 als Landkomtur von Österreich für die Zeit von 1250 - 1272 Konrad von immerlohe, um 1260 Otto von Haslau, wobei er jeweils ein Fragezeichen beisetzt. Für Konrad von Feuchtwangen nennt er lediglich das Jahr 1259. Arnold nimmt an, daß Konrad spätestens am 14. September, dem Tag des Generalkapitels, im Jahre 1258 zum Landkomtur von Österreich bestellt wurde und beruft sich hierbei auf die Angaben von Militzer, Entstehung S. 172.
3) Arnold, KvF S. 7; Röhricht. Beiträge S. 387; Strehlke, Tabulae S. 113; Milthaler, Großgebietiger S. 41.
4) Schreiber, Personal- u. Amtsdaten S. 70
5) Tumler, DO S. 626
6) Militzer, Entstehung S. 172
7) Mirbach-Harff , Personalgesch. 11 S. 155; Pettenegg, Urk. I S. 122 Nr. 482 - beide geben allerdings das Jahr 1272 an; Tumler, Reg.DOZA II S. 233
8) Pettenegg, Urk. 1 S. 136 Nr. 530, S. 148 Nr. 571
9) Pettenegg, Urk. 1 S. 129 Nr. 507
10) "und besonders die Burg und Stadt Windischgrätz (heute Slovenj Gradec an der österreichisch-jugoslawischen Grenze etwa 85 km südwestlich von Graz) mit allen freieigenen Besitzungen."
11) UB Steiermark IV S. 313 Nr. 520
12) Arnold, KvF S. 12 Arm. 62; Hennes, Codex 1 S. 217 Nr. 249. Auf Wunsch der Ordensbrüder bestätigte am 14. März 1278 zu Wien der Erzbischof Friedrich von Salzburg diese Schulgründung zu Graz.
13) Pettenegg, Urk. I S. 138 Nr. 539
14) Militzer, Entstehung S. 62
15) ten Haaf, DO-Staat S. 27
16) Ewald, Eroberung 1 S. 190; ten Haaf, DO-Staat S. 39; UB Pr. 1/2 S. 192 Nr. 268 - Ankündigung vom 19.  September 1267: "Ottokar, König von Böhmen, Herzog von Österreich und Steiermark, Markgraf von Mähren, beurkundet, daß er auf seinem Kreuzzug den Deutschen Orden im Besitze seiner Landschaften in Preußen (... ) nicht stören, sondern ihm helfen werde, die Abtrünnigen wieder zu unterwerfen, wogegen der Orden versprochen hat, den König in der Eroberung von Galindien, dem Jatgwägerland (Getwesien) und Litauen zu unterstützen."
17) ten Haaf, DO-Staat S. 17
18) Dragendorff, Beamte S. 15; SS.rer.Pr. 1. S. 140 Nr. 201
19) Arnold, KvF S. 1 1; Kummer, Wildonier S. 295 Anm. 2; Wichner, Admont S. 384 Nr. 248
20) Arnold, KvF S. 11. "tunc temporis" heißt, daß er noch als Landkomtur von Österreich, Steiermark, Kärnten und Krain diesen Verkauf bezeugt hat.
Erstellt: 16.3.1998 durch Werner Uhlich
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