Band 3
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Das älteste Zinsbuch der Pfarrei Sankt Johannes der Täufer in Feuchtwangen
von
Fritz Wünschenmeyer und Erich Binder

Einleitung


Bild 1: Pfarrkirche St. Johannis - Foto: Uhlich

Befaßt man sich in Feuchtwangen mit der frühen Stadtgeschichte, so richtet sich die Aufmerksamkeit in erster Linie auf den vermuteten Königshof, das Kloster 1, auf das spätere Chorherrenstift oder die Reichsstadt. Ebenso wichtig und interessant ist aber auch die Geschichte der Pfarrei. Schon Schaudig 2 hält es für möglich, daß bereits vor der Klostergründung in Feuchtwangen eine Siedlung bestand. Damit wäre aber die Aufgabe einer allenfallsigen Christianisierung bei der Pfarre gelegen. Heckel 3 Möchte ebenfalls die älteste Kirche nicht als reine Klosterkirche isoliert sehen, sondern spricht ihr auch die Aufgaben einer Pfarrkirche zu. Funk 4 geht von einer Pfarrkirche aus, die dem vermuteten Königshof einverleibt war. Alle nehmen aber gleichermaßen ein Patrozinium Sankt Martin für die Pfarrkirche an, ebenso wie Hauck 5, der sich aber unter "St. Martin" wohl eine Klosterkirche vorstellt. Das für die fränkische Besiedlung so wichtige Patrozinium des heiligen Martin steht überwiegend und wohl auch zu Recht mit der Pfarrei in Verbindung, eigentlich unabhängig von Königshof oder Kloster. Auch das hier vorliegende Zinsbuch legt eindeutig diese Verbindung nahe, da der älteste Teil als Zinstermin fast ausschließlich den Martini-Tag nennt. Auch daraus läßt sich ein Patrozinium St. Martin erschließen, da man die Zinsen dem Kirchenheiligen an seinem Festtag brachte. 6

Bei der Beständigkeit damaliger Verhältnisse können solche Abgabeverpflichtungen Jahrhunderte weit zurückführen. Es war in der Vergangenheit auch nicht immer leicht und selbstverständlich, die Einkünfte der Pfarre praktisch im Chorherrenstift verschwinden zu lassen. Immer wieder einmal machten Pfarrangehörige ihrem Ärger Luft, wenn sie darauf hinwiesen, daß nicht alles, was das Stift an Abgaben einnehme, dem Stift zustehe, sondern eigentlich der Pfarre. 7 Für das Stift war dieses Unterscheiden wohl nicht ganz einsehbar, wurde doch die Inkorporation der Pfarrei in das Stift immer wieder bestätigt. 8 Auch hat vielleicht die Pfarre für entgangene Grundzinsen andere Vorteile im Austausch empfangen, die nicht mehr bekannt sind. Den Pfarrzehnten bezog das Stift, und Einzelgrundstücke bei der Stadt erscheinen im 16. Jahrhundert im Nutzen der Chorherren, obwohl Hinweise dafür vorhanden sind, daß sie ehedem der Pfarre zinspflichtige Liegenschaften waren. 12 Anwesen (Häuser und Hofreiten) leisten im Zinsbuch Abgaben an die Pfarre. Alle 12 liegen im Stadtkern. Im Urkataster von 1834 sind nur noch vier davon mit dem alten Pfarrzins vorhanden 9 Es scheint, als hätten sich die anderen bereits im 16. Jahrhundert von der Pfarre getrennt. Diese zinsten an die stiftischen Vikarien Crucis (Heilig Kreuz), Elisabeth, Nikolaus und Apostel. 10 Vielleicht hat man sie den Gehilfen des Pfarrers umgewidmet. Das waren die Vikarier nämlich auch. 11 Trotz aller Veränderungen in der Zeit haben die Abgaben eines nicht geändert: den Leistungstermin "Martini". Daran sind sie immer wieder zu erkennen.

Als der Ansbacher Markgraf als Landesherr 1563 das Feuchtwanger Chorherrenstift für sich einzog, waren sicher auch Güter darunter versteckt, die ehedem zur Pfarre gehört hatten. 12 Diese Tatsache scheint immer wieder zu Zwistigkeiten geführt zu haben. Ein Schlußstrich wurde dann gezogen, als der Markgraf nach dem Chorherrenstift auch noch die alte Pfarrei Feuchtwangen einzog. 13 Das geschah im Jahre 1645. Ab sofort war es dann gleichgültig, ob ein Zinsgut ursprünglich dem Stift oder der Pfarre zustand. Der Markgraf besaß nun beides in seinen Händen vereint.

Die Feuchtwanger Pfarrkirche Sankt Johannes der Täufer war schon im Mittelalter dem örtlichen Chorherrenstift und zuvor wohl auch schon dem Benediktinerkloster einverleibt gewesen. 14 Dekan und Kapitel setzten den jeweiligen Pfarrer ein, in der Regel einen Chorherren oder Vikarier des eigenen Stiftes. Dennoch wurden die Einkünfte der Pfarrkirche, also des Kirchenheiligen, von anderen Einkünften im Stift getrennt erfaßt und verwaltet. Das unserer Abhandlung zugrunde liegende älteste bekannte Zinsbuch der Pfarre hält alle Geld- und Wachszinsen zusammen mit einigen anderen Naturalabgaben fest, wie sie etwa um das Jahr 1420 bekannt und einforderbar waren. Keine Erwähnung finden dabei die Zehnten der Pfarre, mit Ausnahme eines solchen auf der Walkmühle. Auch unregelmäßige (unbeständige) Einnahmen sind hier nicht mit erfaßt. Im Zinsbuch geht es um jährlich wiederkehrende Beträge in gleicher Höhe. Nach der damaligen Auffassung war ihr Bestand auf "ewig" gedacht. Da die meisten Zinsen aus Grundstücken kamen, war dieser Gedanke von vorneherein gar nicht so abwegig.

Zu danken haben wir den Herren vom Landeskirchlichen Archiv Nürnberg, dem Staatsarchiv Nürnberg, der Stadtbücherei Feuchtwangen, dem Stadtarchiv Feuchtwangen und den Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft für Heimatgeschichte, vor allem Herrn Dietrich Weiß, für die freundliche Unterstützung unserer Arbeit.


1) Fritz Wünschenmeyer u. a.: Die Feuchtwanger Briefe des Mönches Froumund aus dem 10. Jahrhundert. - In: Feuchtwanger Heimatgeschichte Bd. 1. - S. 8 - 16 ist eine Zusammenfassung der frühen Geschichte Feuchtwangens geboten.
2) Schaudig: Geschichte der Stadt und des ehemaligen Stiftes Feuchtwangen. S. 20. Anm. 1.
3) Heckel: Die Urpfarrei Feuchtwangen als kirchliche politische Metropole im oberen Wörnitz- Sulzachgebiet zur Frühzeit. S. 3. "Sie war demnach keine isolierte, nurfür die Mönche bestimmte Klosterkirche. Man hat bisher stets das Hauptgewicht aufdas Kloster gelegt."
4) Funk: Feuchtwangen. Werden und Wachsen einer fränkischen Stadt. S. 55. "Dieser Königshof hatte als Pfarrkirche eine St. Martinskirche."
5) Hauck: Kirchengeschichte Deutschlands. S. 568. "Feuchtwangen 764 St. Martin."
6) Der älteste Teil des Zinsbuches nennt als Zinstermin fast ausschließlich den "Martini-Tag" (11. November). Es war in der Regel so, daß eine Reliquie des Kirchenpatrons, in unserem Falle des hl. Martin, unter dem Altar der Kirche im Fundament lagerte. Man brachte die Zinsen also dem "Kirchenheiligen" an seinem Festtag. 1470 erhielt der Vikarier am Altar des hl. Martin, wie auch in anderen Jahren, ¼ des großen Zehnten von Dinkelsbühl (östlich der Wörnitz), ¾ davon gingen an das stiftische Amt. (STAN Rep. 165a, Nr. 604).
7) Schaudig: Geschichte der Stadt und des ehemaligen Stiftes Feuchtwangen. S. 12: "Der Zehnt an fast allen Orten der Pfarrei gehörte eigentlich zur Pfarrkirche der ausgedehnten Urpfarrei Feuchtwangen. Aber durch die Inkorporation der Pfarrei ins Stift gingen deren Einkünfte ans Stift über ..." S. 42: "... 1464 ... die Stadt klage, daß das Stift etliche Güter, die zur Pfarre gehören, in des Stifts Nutzen gezogen habe ..." Lediglich der Zehnte von der Stadt Feuchtwangen selbst scheint dem Pfarrer unmittelbar verblieben zu sein. Dieser Zehnte erscheint nicht in den Rechnungen des Stiftsamtes oder einer anderen innerhalb des Stiftes selbst Rechnung führenden Einrichtung, wie z. B. der Vikarien. Wir haben zwar eine Stelle gefunden, wo der Zehnte zu Feuchtwangen im Jahre 1531 in Höhe von 30 Gulden in die Stiftsrechnung einfließt. Jedoch ist dabei vermerkt, daß es sich um "ungewöhnlich Einnahme" handelt. Man habe dem Bürgermeister den Zehnten im Namen des Pfarrherrn dargeliehen. (STAN Rep. 165a, Nr. 602. Fol. 214).
1488 gab es schon wieder Meinungsverschiedenheiten in dieser Richtung (Hörber: Die Urkunden des Stiftes Feuchtwangen. Nr. 460/11). 1490 gelangt an Markgraf Friedrich die vom Bischof von Augsburg unterstützte Bitte des Pfarrers Hans Moringer um "Schutz und Schirm" für sich gegenüber dem Stift. Der Markgraf lehnt jedoch ab mit der Begründung, er könne nicht die einzelnen Glieder des Stiftes gegen andere schützen. Er habe den Schirm und Schutz für das ganze Stift als einer Einheit übernommen. (STAN Rep. 165a, Nr. 582).
8) Hörber: Die Urkunden des Stiftes Feuchtwangen. Nr. 62. "Brief des Priesterkardinals Pileus. .., in dem er Dechant und Kapitelder Kollegiatkirche in Feuchtwangen die Inkorporation der Pfarrkirche in Feuchtwangen, vollzogen,  vom Bischof von Augsburg, kraft päpstlicher Ermächtigung bekräftigt und bestätigt." 20. Juni 1380.
9) Es handelt sich um die Anwesen Spitalstraße 11 und 16; Drechslergasse 1 und Gerbergasse 4.
10) Es sind vermutlich folgende Anwesen, die an stiftische Vikarien zinsten: Marktplatz 4, 5 u. 9., Herrengasse 10., Museumstraße 2. Dazu kommt noch Ochsenhof 1 + 2 als vielleicht möglicher Pfarrhof. Im 16. Jahrhundert war er dem stiftischen Amt zugehörig, bezeichnet als der "alte Amthof". (STAN Rep. 225/91. Nr. 7 [l] passim bei den genannten Vikarien und dem stiftischen Amt.)
11) Auch Georg Vogtherr, der sich um die Reformation in Feuchtwangen verdient gemacht hat, war Vikarier im Stift am Altar der Apostel, 1517/1522. (Hörber: Die Urkunden des Stiftes Feuchtwangen. Nr. 612 u. 637).
12) In den Wirren der Reformation versuchten auch die Angehörigen der Pfarre, materiell etwas zu erreichen. Sie stellten die Zinszahlungen von Häusern, Äckern und Wiesen in- und außerhalb der Stadt einfach ein und übernahmen die Heiligenpflege in die eigenen Hände. Das ließ der Markgraf jedoch nicht durchgehen. 1544. (STAN Rep. 165a. Nr. 623. S. 331ff).
13) Schaudig: Geschichte der Stadt und des ehem. Stiftes Feuchtwangen. S. 134: "Daraufhin hat die Regierung die uralte Pfarrei eingezogen ... Damit war zugleich eine Anzahl Güter, die jetzt verkauft wurden, der Kirche verlorengegangen".
14) Hörber: Die Urkunden des Stiftes Feuchtwangen. Nr. 30. 12. Sept. 1341: "... daß die Pfarrkirche Feuchtwangen dem Kapitel in gleicher Weise inkorporiert und mit ihm vereinigt ist, was auch dem Bischofdurch deutliche Beweismittel angezeigt worden ist."

Erstellt: 1991 durch Fritz Wünschenmeyer und Erich Binder - letzte Änderung am 6.2.2000 durch Hans Ebert
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