Band 4 
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Ein Münzfund aus Feuchtwangen-Bonlanden - Inhalt >>

Zusammensetzung des Fundes

Die Münzen stammen mit wenigen Ausnahmen aus zwei großen Wirtschaftsräumen des 15. und frühen 16. Jahrhunderts. Der erste Wirtschaftsraum umfaßt Süddeutschland mit den sich um 1500 herausbildenden Reichskreisen Franken, Bayern und Schwaben. Diese drei Reichskreise sollten sich später 1564 als sogenannte Korrespondierende Kreise in Münzangelegenheiten zusammenschließen. Im Schatz befinden sich Münzen der fränkischen Münzstände: Markgrafschaft Brandenburg und Reichsstadt Nürnberg, der bayerischen Münzstände: Erzbistum Salzburg, Bistum Passau, Herzogtum Bayern, Pfalz-Mosbach, Reichsstadt Regensburg und schließlich der schwäbischen Münzstände: Bistum Konstanz, Grafschaft Oettingen, Reichsmünzstätte Augsburg und Nördlingen sowie der Reichsstädte Isny, Kempten und Konstanz. Der zweite Wirtschaftsraum entspricht dem obersächsischen Reichskreis mit den Münzständen Bistum Halberstadt, Herzogtum Sachsen, Mark Brandenburg und Grafschaft Mansfeld. Nicht aus diesen beiden Wirtschaftsräumen stammen lediglich die Münzen aus dem Herzogtum Kärnten (3, davon 1 zeitgenössische Fälschung), Solothurn (1) und Mailand (1).
 

Die Herkunft der Münzen verteilt sich aufgeschlüsselt nach Anzahl und Wert wie folgt, wobei die Werte angenähert sind auf der Grundlage 1 Rechnungs-gul-den = 60 Kreuzer = 21 Groschen = 15 Batzen = 252 Pfennige.
 
Die Übersicht gibt Aufschluß darüber, daß nur etwa ein Viertel der Münzen aus Franken stammt, ein weiteres Viertel aus Bayern und Schwaben und nahezu die Hälfte aus Obersachsen.
 
Die fränkischen Münzen des Fundes gehören ausnahmslos einer frühen Phase an, sie sind Zeichen einer wohlorganisierten fränkischen Münzkonventionspolitik dieser Zeit. 3 Von 1437 bis 1495 hatten sich die führenden Münzherren Frankens immer wieder auf die Prägung einheitlicher, vollwertiger Münzen verständigt. Neben den im Fund vertretenen Markgrafen von Brandenburg und der Reichsstadt Nürnberg gehörten außerdem die Bischöfe von Bamberg und Würzburg zu den wichtigsten Prägeherrn in Franken. Diese Absprache in Münzangelegenheiten führte dazu, daß zu dieser Zeit der Geldumlauf in Franken vorwiegend von in Franken geprägten Münzen bestimmt wurde. Der Umlauf außerfränkischer Münzsorten stellte keine Gefahr für das Münz- und Geldsystem dar. Diese Feststellung gilt freilich nur für Silbermünzen, da fremde Goldmünzen in großer Zahl in Franken umliefen.
 
Erste Einbrüche in eine autarke Versorgung Frankens mit Silbergeld belegt der Forchheimer Münzvertrag von 1495, der die Verwendung einiger fremder Silbermünzen gestattete. Nicht für den Geldverkehr zugelassen waren sächsische Groschen, die nach neuentdeckten Silbervorkommen und verbesserten Abbautechniken in großer Zahl geprägt wurden und auf den fränkischen Markt drängten. Das Vordringen dieser sächsischen Groschen ließ sich jedoch trotz immer wieder bekräftigter Verbote auf Dauer nicht verhindern. Münzfunde spiegeln den Umlauf sächsischer Groschen in Franken zu einer Zeit, als sie offiziell verboten waren. In unserem Fund fehlen jedoch Groschenmünzen weiter entfernt liegender Prägeorte, die ebenfalls nach Ausweis von Münzfunden in Franken umliefen, etwa aus Goslar und Göttingen, aus Prag und mit einer Ausnahme auch aus Mailand.
 
Während aus dem Nordosten seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert in großer Zahl fremde Groschen nach Franken kamen, so kamen aus dem Süden und aus Südwesten seit Beginn des 16. Jahrhunderts Batzen hinzu. 4 Zunächst prägten diese neue Münze die Reichsstadt Konstanz und der Salzburger Erzbischof Leonhard von Keutschach (1495 - 1519), der seine reichen Silbererträge aus den Tauern vermünzen ließ. Bald schlossen sich oberdeutsche Handelsgesellschaften, die Zugang zu den Silbervorkommen in Hall/Tirol hatten, an. Die Batzenprägung von Isny etwa, seit 1508, war so groß, daß sie die Geldversorgung der Stadt selbst und des Umlandes um ein Vielfaches übertraf, demnach also für den Export vorgesehen war. Um 1510 drang der Batzen in solchen Mengen nach Franken ein, daß die fränkischen Münzstände die Schillingprägung einstellen mußten. Auf dem Forchheimer Münztag 1520 versuchten die fränkischen Münzstände mit Ausnahme Nürnbergs Batzen aus dem fränkischen Geldumlauf auszuschließen, was aber ohne jeden Erfolg war, wie die Münzfunde belegen.
 
Als sich zeigte, daß die fränkischen Münzstände nicht in der Lage waren, das Vordringen von Batzen und Groschen nach Franken zu verhindern, versuchte man gerade in Franken über die Reichsmünzgesetzgebung Einfluß auf eine umfassende Neuregelung des Münzwesens zu gewinnen. Ein Anfang wurde 1524 gemacht, als der Nürnberger Reichsabschied die weitere Prägung von Batzen verbot und noch im selben Jahr Kaiser Karl V. in Esslingen versuchte, durch eine allgemeine deutsche Münzordnung die verworrenen Münzverhältnisse zu regeln.
 
Die politischen Verhältnisse um 1525 in Franken haben wohl dazu geführt, daß zahlreiche Bewohner dieser Region ihr Bargeld versteckten. Manch einer hatte später aus unterschiedlichen Gründen keine Gelegenheit, sein verborgenes Geld wieder an sich zu nehmen, so daß aus der näheren Umgebung von Feuchtwangen allein zwei weitere Münzfunde bekannt sind, deren Schlußmünze 1524 geprägt wurde. Es sind dies die Münzfunde von Neunstetten, Landkreis Feuchtwangen, gefunden 1877 5 und Ansbach , gefunden um 1880 6. In Lohen, Landkreis Hilpoltstein, wurde 1960 ein Münzdepot entdeckt. 7 Jeder dieser Funde hat eine eigene, charakteristische Zusammensetzung, die jeweils nur einen Teil des gleichzeitigen Geldumlaufs widerspiegelt. Der Fund von Neunstetten umfaßte 628 Batzen und 548 Halbbatzen. Sachsen war mit 81 Schreckenbergern und 49 Groschen vertreten; dazu kamen 12 italienische Grossi, etwa 18 italienische Testoni und 50 Etschkreuzer. Von den fränkischen Münzstätten gab es lediglich einen einzelnen Bamberger Halbschilling aus der Zeit der fränkischen Münzkonventionen. Der Ansbacher Fund mit 121 Silbermünzen enthielt weder fränkische Konventionsgepräge noch sächsische Groschen, jedoch 33 Batzen, 76 Halbbatzen und 9 Etschkreuzer. Im Münzfund von Lohen waren 1 Goldgulden, nur 2 Halbbatzen und 216 Batzen, von denen mehr als 2/3 nach 1515 geprägt waren, also zum Zeitpunkt des Verbergens noch keine zehn Jahre alt war.
In diesen drei Funden kommen so gut wie keine fränkischen Konventionsprägungen vor, im Gegensatz zum Feuchtwanger Fund, in dem diese Münzen 11 % des Gesamtwerts ausmachen. Während man beim Münzfund von Lohen von einer "Neubarschaft" sprechen kann, ist der Feuchtwanger Fund als "Altbarschaft" einzuordnen, da es sich um über einen längeren Zeitraum, vielleicht sogar über zwei Generationen hin, zusammengetragene Ersparnisse handelt. Durch die Hände des oder der früheren Besitzer gingen vermutlich weder Goldmünzen noch Großsilbermünzen. Sie legten mittlere Nominale beiseite, Heller, Pfennige und Kreuzer hielten sie nicht für aufhebenswert.
 
So spiegelt jeder Münzfund in Teilen die allgemeine Münz- und Geldgeschichte seiner Zeit, in einem anderen Teil aber die individuellen Verhältnisse seines ursprünglichen Besitzers. Jeder weitere Münzfund kann somit dazu beitragen, ein genaueres Bild vom Münzumlauf einer Region zu einer bestimmten Zeit zu gewinnen.


3) Hansheiner Eichhorn: Der Strukturwandel im Geldumlauf Frankens zwischen 1437 und 1610. Ein Beitrag zur Methodologie der Geldgeschichte. Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Beiheft Nr. 58. Wiesbaden 1973; Dieter Heus: Fränkische Münzfunde, ein Überblick über Umlauf und Einfluß des fremden Geldes zwischen 1495 bis 1566. In: Numismatische Hefte, Nr. 45. Jahrbuch des Arbeitskreises Thüringer Münz- und Geldgeschichte 1989, S. 23 - 42.
4) Joachim Schüttenhelm: Der Geldumlauf im südwestdeutschen Raum vom Riedlinger Münzvertrag 1423 bis zur ersten Kipperzeit 1618. Eine statistische Münzfundanalyse unter Anwendung der elektronischen Datenverarbeitung. Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B, Bd. 108. Stuttgart 1987.
5) W. Schartz: Der Münzfund von Neunstetten. In: Numismatische Zeitschrift, Bd. 10, 1878, S. 374 - 402.
6) -i- (R. Suchier): Münzfunde. In: Numismatische Mitteilungen, Bd. 1, Nürnberg 1882, S. 58 - 59.
7) Dirk Steinhilber: Die mittelalterlichen und neuzeitlichen Münzfunde aus Bayern in den Jahren 1960 - 1962. In: Jahrbuch für Numismatik und Geldgeschichte, Bd. 13, 1963, S. 145.

Erstellt: 1994 durch Hermann Maué - letzte Änderung am 6.2.2000 durch Hans Ebert
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