Band 4
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Ein Münzfund aus Feuchtwangen-Bonlanden - Inhalt >>

Das historische Umfeld
von
Werner Heunoske *

Weniger der materielle Wert, als vielmehr der Umstand daß sich der Fund mit einem konkreten geschichtlichen Ereignis in Verbindung bringen läßt, macht ihn bemerkenswert. Da die jüngsten Münzen die Datierung 1524 aufweisen, liegt der Schluß nahe, daß die Barschaft während des Bauernkrieges, der im darauffolgenden Jahr auch das Feuchtwanger Gebiet erfaßte, verborgen wurde. Schlagartig hatte sich damals der große Bauernaufstand von den schwäbischen Orten Stühlingen und Waldshut aus (1524) bis nach Franken und Thüringen, nach Tirol und Oberösterreich ausgebreitet (1525/26). Vielfältig und regional sehr unterschiedlich waren die Ursachen und Auswirkungen der Erhebung. 8

Im hiesigen Raum und den angrenzenden Gebieten schlossen sich die Bauern im Frühjahr 1525 zu mehreren großen Heerhaufen zusammen. Zum Sammelbecken für die Aufständischen aus der Gegend um Feuchtwangen und Dinkelsbühl wurde besonders der "Ellwanger Haufen", der sich bald auch "Gemeiner heller Haufen der christlichen Verpündnus" nannte und Ende April/Anfang Mai auf der Brühlwiese vor Dinkelsbühl lagerte. Sein Hauptmann und Anführer Bonifaz Hofmann von Gumpenweiler bei Haundorf rief derweil mit Erfolg die Bauern des Wörnitzgrundes zum Anschluß auf. Aus der unmittelbaren Umgebung Feuchtwangens, so z. B. aus Bergertshofen, Dentlein, Haundorf, Kühnhardt, Mosbach, Leukershausen, Ober- und Unterampfrach, Seiderzell und Wieseth erhielten sie Zulauf durch weitere Anhänger. Das Schloß Dürrwangen wurde niedergebrannt. Auch in Feuchtwangen, das wohl nicht zuletzt wegen des mäßigenden Einflusses des hiesigen Reformators Georg Vogtherr glimpflich davonkam, war die Lage so bedrohlich, daß die Chorherren zeitweilig nach Augsburg flüchten mußten. 9 Kritischer noch war die Situation in den Dörfern und Weilern außerhalb der Stadtmauern, zu denen auch das knapp 4 km vor den Stadttoren gelegene Bonlanden gehört. Just vom Nachbarweiler Krobshausen stammend, rief Hauptmann "Hofjakob" die Bauern zum Aufstand und zum Anschluß an den Haufen bei Leiperzell auf. Gleiches geschah durch einen "Wüstenhans" von Wüstenweiler, "Mairmichel" von Tauberschallbach und "Jung Völker" von Aichenzell 10 - keiner dieser Orte mehr als 5 km von Feuchtwangen entfernt. Unsichere Zeiten also, in denen Unruhe und Furcht vor Plünderung genug Anlaß boten, seinen Besitz in Sicherheit zu bringen, zumal nach der endgültigen Niederschlagung des Aufstandes der Ansbacher Markgraf Kasimir und seine fürstliche Amtsleute mit Brandschatzung und rücksichtsloser Bestrafung reagierten.

Was die einstige Kaufkraft der Münzen anbelangt - die natürlich in derart konfliktgeladenen und kriegerischen Zeiten ständigen Schwankungen unterlag - liefert die lokalbezogene Literatur nur sehr grobe Anhaltspunkte. In jedem Falle stellte sie nach damaligen bäuerlichen Verhältnissen ein beträchtliches Vermögen dar. Vorsichtig geschätzt dürfte sie in etwa dem Gegenwert von zwei Rindern oder vier bis fünf Schweinen entsprochen haben, wobei zu bemerken ist, daß das Vieh damals kleiner als heute war. "1506 kostete ein Ochse sechs Gulden (Goldgulden = 10 Mark), eine Kuh vier Gulden, ein Pfund Rindfleisch 4 Pfg., ein Pfund Kalbfleisch 5 Pfg., der Zentner Butter 8 Gulden. Ein Tagelöhner erhielt täglich 18 Pfennig. Ein geringer Mietsoldat erdiente sich täglich 8 Pfennig." 11. Die von Gabler puplizierten, zeitlich näherstehenden Abgabeverzeichnisse aus der Hesselberggegend rechnen für ein Schwein 2 Gulden. 12


*) Wissenschaftlicher Leiter des Fränkischen Museums Feuchtwangen
8) Zum Bauernkrieg in Franken vgl.: Rudolf Endres,  Franken, in: Der Deutsche Bauernkrieg, Paderborn/München/Wien/Zürich 1984, S. 61 - 78.
9) Lokalgeschichtliche Darstellungen zum Bauernkrieg:
Wilhelm Schaudig,  Geschichte der Stadt und des ehemaligen Stiftes Feuchtwangen, 1. Aufl. Feuchtwangen 1927.
Friedrich Hochtanner,  Die Gegend Feuchtwangen-Dinkelsbühl-Crailsheim und das Bauernjahr 1525, in: Heimatkunde, monatl. Beilage zum "Bayerischen Grenzboten", Nr. 9/10, Feuchtwangen 1932.
Johannes Heckel,  Der Bauernaufstand im oberen Wörnitzgrund und die Stadt Dinkelsbühl 1525, in: Heimatkunde, monatl. Beilage zum "Bayerischen Grenzboten", Nr. 1/2, Feuchtwangen 1937.
August Gabler,  Der Bauer steht auf im Lande, in: Rund um den Hesselberg, 2. Jg., H. 2, Dinkelsbühl 1952, S. 8 - 20.
Karl Philipp, Geschichte des Marktes Schopfloch, Schopfloch 1980, S. 45 - 49.
10) Feuchtwangen, hg. von Aliya Bohnsack im Auftrag der Stadt Feuchtwangen 1992, S. 24 f.
11) Johannes Heckel, Das Feuchtwanger Gewerbe im 16. Jahrhundert, in: Heimatkunde, monatl. Beilage zum "Bayerischen Grenzboten", Nr. 11, 15.11.1942. Die Angaben sind wegen des großen zeitlichen Abstandes mit Vorsicht zu behandeln, jedoch die einzigen, die in diesem Zusammenhang für Feuchtwangen genannt werden.
12) Gabler (s. o.), S. 19.

Erstellt: 1994 durch Hermann Maué - letzte Änderung am 6.2.2000 durch Hans Ebert
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