Band 1
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Froumunds Gesamtwerk

Das uns erhaltene Werk Froumunds umfaßt insgesamt 13 Schriften. 95 Davon hat er selbst folgende 5 mit persönlichen Eintragungen versehen und damit seinen Anteil an der Autorschaft bezeugt:
1.

Berlin Lat. 4º 939, (früher Maihingen I 2 lat. 4º 3): Boethius, De consolatione philosophiae, mit Glossen und Kommentar. Die Handschrift ist seit dem 2. Weltkrieg vermißt. Froumund schrieb eigenhändig das Werk: „Ich, Froumund, habe dieses Buch selbst in Köln geschrieben und habe beschlossen, es dem heiligen Quirin zu widmen." („Hunc ego Froumundus librum ecce Colonie scripsi atque huc devexi tibi sancte Quirine decrevi."96
2.
Wien 114. Glossen zu Priscian; 97 Venantius Fortunatus, 98 Carmina; etc. Froumund hat darin eigenhändig vermerkt: „Die zehn Bücher mit Glossen gehen zu Ende. Im Kloster Feuchtwangenhabe ich vom fünften Buch bis hierher geschrieben, aber das erste, zweite, dritte und vierte in Köln im Kloster St. Pantaleon.Gott gibt [noch] weitere [Bücher] dazu, die folgen werden, so wie es ihm gefällt." („Expliciunt glossemae libri decimi.In monasterio Phyutvuangensi a quinto libro usque huc conscripsi ego Groumundus. Sed primum, secundum, tertium et quartum Colonie in monasterio sancti Pantaleymonis. Deus addat et alios qui sequuntur ut sibi placet.") 99
3.
Clm (Codex latinus Monacensis) 19412. Froumunds Brief- und Gedichtsammlung. In diesem Codes sind die „Feuchtwanger Briefe" enthalten, mit denen wir uns noch näher befassen werden. 
4.
Clm 19456. Commentum in Sedulium, 100 Glossen zu Bedas 101 „De arte metrica" u. a. Wer das Buch geschrieben hat, macht diese Eintragung deutlich: „Ich, Froumund, habe begonnen, dieses Buch zu schreiben, aber unsere jungen Leute, die ich unterrichtet habe, haben mich gern dabei unterstützt. Der du dies durchstudiertst, richte nicht nach den Fehlern, sondern nach der frommen Absicht, und bete für uns zu Gott. Amen." („Ego Froumundus coepi hunc libellum scribere, sed pueri nostri quos docui meo juvamine perscripserunt. Qui haec scrutaris ne adtendas vitia sed devotionis voluntatem et ora pro nobis ad deum. Amen.") 
5.
Clm 18764. Boethius, De arithmetica u. a. Hier lautet der Eintrag von Froumunds Hand: „Dieses Buch habe ich, Froumund, geschrieben und schreiben lassen. Bruder, der du dies liest, gedenke meiner, und bitte für mich." („Hunc librum Froumundus et scripsi et scribere feci.Qui leges haec memorare mei rogo cum prece frater.") 102
  Neben diesen 5 signierten Handschriften existieren noch 8 weitere, bei denen aufgrund von Schriftvergleichen die Mitwrikung Froumunds als Schreiber eindeutig nachgewiesen ist: 
 6.
Melk 228 (G 31), Die theologische Traktate des Boetius mit Glossen u. a. Fast vollständig von Froumund geschrieben. 
 7.
Clm 18466. Cassiodor, 103 Historia tripartita. 
 8.
Clm 19437. Alkuin,104 Dialogus de dialectica. 
 9.
Clm 19440. Varia grammatica et theologica. 
10.
Clm 2307, Commentum in Prologium Hieronymi 105 etc., Commentum in Sedulium. 
11.
Clm 18544a. Boethius, Commentum in Porphyrium. 106
 12.
Clm 29061. Fragment, Vita S. Brendani. 107
13.
Clm 29162. Fragment. Haimo, 108 Commentum in Cantica canticorum.
Ein von Froumund geschriebener Horaz konnte bis jetzt nicht gefunden werden. 110

95) Eder: Die Schule des Klosters Tegernsee. S. 37 - 51
96) Die folgenden Anmerkungen (96 - 108) kennzeichnen kurz die Gelehrten, Dichter und Geistlichen, mit denen sich Froumund beschäftigte:
Boethius, römischer Staatsmann und Philosoph, geboren um 480, gestorben um 524, Konsul und "magister palatii" des Ostgotenkönigs Theoderich, von diesem des Hochverrats bezichtigt und hingerichtet. Er wollte die platonisch-aristotelische Tradition zu einer Synthese führen und den jungen germanischen Völkern die lateinische Sprache nahebringen. Er übersetzte oder kommentierte Schriften des Aristoteles, des Porphyrius  106a und Ciceros. Er war Christ, aber seine im Kerker verfaßte Schrift "De consolatione philosophiae" ("Trost der Philosophie") gehört gant der Antike an. Der "Trost der Philosophie" des Boethius hat im Mittelalter zu den am meisten studierten Büchern gehört. Etwa 400 erhaltene Handschriften zeugen davon, daß das Werk ein gemeinsamer geistiger Besitz aller Gebildeten gewesen ist. (Boethius: Trost der Philosophie. S. 39.)
Im Bücherbestand des 1563 eingezogenen Stiftes Feuchtwangen befanden sich bei einer Bestandsaufnahme 1565 zwei Exemplare von "De consolatione Philosophiae". (Schuhmann: Ansbacher Bibliotheken. S. 231 - 234.)
97) Priscian, römischer Grammatiker, lebte in der 1. Hälfte des 6. Jahrhunderts, verfaßte u. a. ein 18bändiges Lehrbuch der lateinischen Grammatik ("Institutio grammatica") und eine Einführung in die lateinische Literatur (besonders in Vergils "Aeneis") für Griechen.
98) Venantius Fortunatus, der bedeutendste lateinische Dichter der Merowingerzeit, geboren um 535 bei Treviso, gestorben bald nach 600 als Bischof von Poitiers. Seine Dichtungen und Heiligenviten sind für die Geschichte seiner Zeit bedeutend. Seine bemerkenswertesten Gedichte sind ein Lobpreis auf den heiligen Martin von Tours und die Beschreibung einer Moselreise. Zwei Hymnen leben im Stundengebet der katholischen Liturgie weiter.
99) Er schreibt also, daß er das 5. - 10. Buch in Feuchtwangen geschrieben habe, die ersten vier Bücher in Köln.
100) Sedulius war christlicher lateinischer Dichter des 5. Jahrhunderts; sein "Ostergedicht" ("Carmen Paschale") über das Leben Christi hatte bedeutende Nachwirkung. Für Sedulius interessierte sich Froumund besonders. (Schepss: Zu Froumunds Briefcodex und zu Ruodlieb. S. 423. XII.)
101)Beda, genannt Venerabilis (der Ehrwürdige), englischer Benediktiner, geboren um 672/73, gestorben 735. Seine auf älteren Gelehrten basierenden Schriften aus allen Wissensgebieten übten besonderen Einfluß aus. Beda wurde durch seine englische Kirchengeschichte der Begründer der englischen Geschichtsschreibung. Er führte die christliche Jahreszählung in die Historiographie ein. In seinen naturwissenschaftlichen Schriften vermittelte er seiner Zeit wenigstens ein Minimum des naturwissenschaftlichen Wissens der Antike.
102) Nach Eder (Die Schule des Klosters Tegernsee. S. 44.) ist dieser Codex von Froumund selbst und sieben seiner Schüler im Kloster Feuchtwangen geschrieben worden.
103) Cassiodor, römischer Staatsmann und Gelehrter, geboren um 490, gestorben wahrscheinlich 583, leitete die Kanzlei des Ostgotenkönigs Theoderich. Er veröffentlichte eine Geschichte der Goten und eine Weltchronik. Nach 540 zog er sich in ein von ihm gegründetes Kloster zurück und schrieb dort theologische und enzyklopädische Werke, durch die er seine Kenntnis antiker Wissenschaft ans Mittelalter weitergab.
104) Alkuin, angelsächsischer Theologe, geboren um 730, gestorben Tours 804, seit 781 ins Frankenreich berufen, seit 796 Abt des Klosters St. Martin in Tours. Er nahm an der Begründung der Karolingischen Renaissance teil und vermittelte seiner Zeit das überkommene philosophisch-theologische Wissen der Antike.
105) Hieronymus, lateinischer Kirchenlehrer, geboren um 347, gestorben 419 oder 420. Er war Einsiedler in Syrien, später als Förderer des Mönchtums Klostervorsteher in Bethlehem. Hauptwerk ist die lateinische Bibelübersetzung (Vulgata); er setzte die Chronik des Eusebius von Caesarea fort, verfaßte dogmatische Schriften, Bibelkommentare, Mönchsbiographien und die erste christliche Literaturgeschichte.
106) Porphyrios, griechischer Philosoph, geboren um 223, gestorben um 304, bedeutend durch seine Einleitung zu den Kategorien des Aristoteles ("Eisagoge"), die in der Übersetzung und im Kommentar des Boethius im Mittelalter Anlaß zu heftigem Streit um die Bedeutung dieser Kategorien gaben. Wichtig ist auch sein Kommentar zum gleichen Werk und sein Leben des griechischen Philosophen Plotin. Außerdem gab er Werke Plotins heraus.
107)Brandan (Brendan), irischer Heiliger, geboren um 484, gestorben 577 oder 583 als Abt eines irischen Klosters, Missionar in Irland und Wales. Im Mittelalter bekannt durch die mit Märchenmotiven ausgeschmückte "Navigatio S. Brendani", die seine legendäre Entdeckung des "Gelobten Landes der Heiligen" schildert.
108) Haimo, Bischof von Halberstadt 840 - 853. Verfaßte Kommentare zu biblischen Schriften, einen Auszug aus Rufinus' Kirchengeschichte und eine Schrift "De corpore et sanguine Domini".
109) Hohes Lied Salomos.
110) Eder: Die Schule des Klosters Tegernsee. S. 25.

Erstellt: 12.3.1998 - letzte Änderung am 2.2.2000 durch Hans Ebert
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