Band 1
Inhaltsverzeichnis
<<   blättern   >>
Übersicht Briefe
Faksimile
Lateinischer Originaltext


Brief 6

Froumund entschuldigt sich bei einem sonst nicht bekannten bedeutenderen Mönch G. für seine überstürzte Abreise aus dem Kloster Füssen, wo er sich vor kurzem aufgehalten hatte und erbittet Schreibpergament.31
-
An G., nach himmlischem Willen voller würdiger Verdienste, von Froumund, der sich in schuldiger Ergebenheit gerne unterwirft. Vor Gott versichere ich, daß meine Abreise aus dem Kloster des heiligen Magnus und meine plötzliche Trennung von Eueren Brüdern von mir nicht vorhersehbar war, denn niemals wollte ich so unhöflich sein, daß ich Euch ohne Euer Wissen verlasse. Wenn ich auch manchmal noch so weit von Euch entfernt bin und auch getrennt von den gemeinsamen Spaziergängen und persönlichen Gesprächen, so werde ich doch nirgends vom Geist der Liebe getrennt sein, seitdem ich eifrig damit anfing, vor allem von der verbindenden Kraft der Liebe nicht zu weichen. Ich richte an Eure Frömmigkeit die bescheidene Bitte, sie möge meiner am heiligen Ort im Gebet gedenken, damit meine Vergehen vergangen sein mögen. 32 Gott möge beides verhüten, nämlich daß wir jemals Euer vergessen, noch daß Ihr unser nicht mehr gedenkt.Aber da wir uns auch von Eurem Teil der geistigen Ermutigung, sofern wir deren würdig sind, nicht trennen wollen, so bitten wir Euch, Ihr wollet uns für den Gebrauch in geistlichen und weltlichen Sachen einige Pergamentblätter schenken. Denn Ihr wißt ja, daß ich mich zuweilen mit Vergnügen dem Schreiben widme, aber nun habe ich aus Mangel an Pergament keine Möglichkeit dazu, wenn Ihr nicht mit offener Hand helft. Lebt wohl.

Faksimile
-
---------- 
BriefX6
-
-
Brief 7
 
 

Lateinischer Originaltext:
6.
-
G. dignitate meritorum celico nutu pleniter repleto Froumundus debite subiectionis devotissimum pignus.
Recessionis mee de monasterio sancti Magni et repentine disiunctionis a vestra fraternitate mee prescientie non esse coram Deo testificor, quia nunquam tam inhumane vellem facere, ut vobis nesciente discederem, a quo quamvis interdum absens locali spacio corporalique colloquio segregatus nusquam mentis amore fueram disiunctus, postquam primum coagulatione caritatis adherere ardenter incipiebam. Precor humiliter peitatem vestram, ut memoriam mei habeat in oracione vestra in loco sancto pro abolitione commissorum meorum. Quando enim nos vestri obliviscimur, nec nostri recordamur, quod utrumque absit. Sed quia spirituali consolacione vestra parte, si dignamini, nolumus privari, ad utillitatem spiritualis et temporalis exercitii alisquas membranas nobis donari precamur. Nam, ut scitis, libenter interdum scriptitationis immoror studio, sed nunc facultatem scribendi pergamenis deficientibus non habeo, nisi vestre manus largitione tribuatur. Valete.

31) Froumunds Anwesenheit in Füssen (Kloster St. Magnus) hing vieleicht mit dem Neuaufbau von Feuchtwangen zusammen. Er scheint dort etwas länger gewesen zu sein und festere Verbindungen mit den dortigen Mönchen aufgenommen zu haben, da er als einziger Tegernseer Mönch im Füssener Nekrolog (Totenbuch) erscheint. (Necrologia Germaniae. 1. S. 85. 20/10.)
32) Die Benediktus-Regel schreibt vor, wie ein Bruder, der sich trotz öfterer Zurechtweisung nicht bessert, behandelt werden soll. Die Reihenfolge der zu ergreifenden Maßnahmen, beginnend mit der gelindesten, ist so: Zunächst wird der Mönch verbal zurechtgewiesen, dann vorübergehend aus der Mönchsgemeinschaft ausgeschlossen, darauf folgen Rutenschläge. Wenn all dies nicht hilft, wird für den Übeltäter gebetet; bleibt auch das Gebet ohne Erfolg, muß der endgültige Ausschluß erfolgen. (Kapitel 28, S. 117)
Erstellt: 12.3.1998 - letzte Änderung am 2.2.2000 durch Hans Ebert
<<   blättern   >>