Band 2
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Die Verlegung des Haupthauses von Venedig auf die Marienburg
Die Marienburg - Haupthaus des Deutschen Ordens

Ganz links, im Bild nicht mehr voll erfaßt, war die Vorburg. Im Mittelbau lebte der Hochmeister. Ganz rechts das Hochschloß mit der Marienkirche und den Residenzräumen. Nach einer Federzeichnung von G. Weidig in Kletts geschichtlichem Unterrichtswerk für die Mittelklassen II. Stuttgart o. J.

Der Hochmeister hatte indessen während des Sommers die geplante Verlegung der Zentralverwaltung des Ordens von Venedig auf die Marienburg vorbereitet. Der Ausbau der Marienburg mußte vorangetrieben werden. In den Ostseeballeien hatte sich eine starke Partei etabliert, die die Verluste des Ordens im Heiligen Land mit einer Konzentration in Preußen und Livland ausgleichen wollte und ein geschlossenes unabhängiges Territorium des Ordens dort anstrebte. Dies war ganz im Sinn des Hochmeisters. Er war sicher, diese Partei beim nächsten Kapitel auf seiner Seite zu haben, wenn es um die Frage der Verlegung des Haupthauses nach Preußen ging. Den Statuten entsprechend war eine Zustimmung des Kapitels dazu unbedingt erforderlich. 89

Trotz der Expansionsbestrebungen des Ordens nach Westen verblieben einige Fürsten wie der Herzog Przemyslaw von Kujawien und Herzog Sambor II. von Pommern im guten Einvernehmen mit dem Orden. Dagegen zeichnete sich der Beginn eines harten Kampfes mit Polen ab. Es war verständlich, daß Polen einen Zugang zur Ostsee benötigte, und Danzig war günstiger als Riga. Doch für den Ordensstaat wären ein polnisches Pommerellen und der Druck von Riga nach Preußen zu einer unangenehmen Umklammerung und Isolation des Ordensstaates geworden.

Die Verlegung des Haupthauses von Venedig auf die Marienburg muß im September 1309 erfolgt sein. Dies geht aus den nachstehenden Urkunden hervor. Am 13. September 1309 urkundete Heinrich von Plötzke den Vertrag zu Soldin mit den Markgrafen von Brandenburg noch als Landmeister von Preußen. 90 Doch am 21. September 1309 bei der Verleihung der Fleischbänke an die Bürger der Altstadt Thorn gegen Abtretung des Gutes Silbersdorf an den Orden urkundete er bereits als Großkomtur an Stelle eines Landmeisters von Preußen. 91 Somit erfolgte der Einzug des Hochmeisters auf die Marienburg zwischen dem 13. und 21. September. 92

Den Entschluß für diese Verlegung förderten nicht nur die Ereignisse in Preußen. Die Abwesenheit des Papstes von Rom, sein neuer Amtssitz in Avignon, erleichterten das Aufgeben des Amtssitzes des Hochmeisters in Venedig. Dazu beigetragen haben auch gewiß das getrübte Verhältnis des Deutschen Ordens zur Republik Venedig sowie der zur gleichen Zeit offen ausgetragene Konflikt des Papstes mit dem Dogen von Venedig, gefördert von dem neuen päpstlichen Legaten Arnald von Pellagrua. 93 Beeinflußt von diesem verhängte der Papst im Frühjahr 1309 ein Verbot, öffentlich kirchliche Amtshandlungen in Venedig vorzunehmen. Dazu kam aber auch die drohende Vernichtung des Templerordens, dessen Vorprozesse bereits angelaufen waren. Besonders in dieser Hinsicht war es dringend erforderlich, den Ordensstaat zu festigen und durch seine territoriale Macht den Bestrebungen Philipps des Schönen, alle Ritterorden unter seiner Führung zu vereinigen und ihr Vermögen dazu einzuziehen, entgegenzuwirken.

Das Ordensarchiv und eine Verbindungsstelle des Ordens verblieben jedoch in Venedig. 94 Auf eine Vertretung vor Ort konnte nicht verzichtet werden. Auch war der Handelsplatz Venedig für den Orden noch wichtig.


Einzug des Hochmeisters Siegfried von Feuchtwangen
mit seinen Rittern in die Marienburg
Ölgemälde von Karl Wilhelm Kolbe d. J. 1825. Gemäldegalerie Berlin Inv. Nr. S. W. 117


Einzug des Hochmeisters Siegfried von Feuchtwangen in die Marienburg
Nach einem Wandgemälde von Prof. Ernst Neide in der Aula des ehemaligen Wilhelms-Gymnasium in Königsberg (Preußen). Aus: Wilhelms-Gymnasium zu Königsberg i. Pr. 1874 - 1945. Leer 1958


89) Hellmann, Stellung S. 11; Perlbach, Statuten S. 145
90) Joachim-Hubatsch, Reg. II S. 50 Nr. 421
91) UB Pommer. S. 595 Nr. 676; UB Pr. I/2 S. 570 Nr. 909
92) Raddatz, Übersiedlung S. 59
93) Eitel, Kirchenstaat S. 193. Ende Juli 1309 wurden der Venezianischen Flotte erhebliche Verluste beigefügt.
94) Eitel, Kirchenstaat 29; Forstreuter, DO S. 141; Hubatsch, Hochm. Res. S. 8. Die das Mittelmeer betreffenden Archivbände blieben in Venedig zurück, nur die päpstlichen und kaiserlichen Privilegien wurden auf die Marienburg mitgenommen. Perlbach, Reste S. 630 ff; Raddatz, Übersiedlung S. 58
Erstellt: 16.3.1998 durch Werner Uhlich
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