Wilhelm Funk - Feuchtwangen - Werden und Wachsen einer fränkischen Stadt
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Die staufische Altstadt

 
Die vermutete Altstadt von Feuchtwangen haben wir uns zweifellos befestigt zu denken. Es sei aber dahingestellt, ob sie schon mit Mauer und Türmen oder nur mit Graben, Wall und Palisaden umfangen war. Diese älteste Stadtbefestigung könnte vielleicht noch durch Grabungen, am sichersten längs der Herrengasse, festgestellt werden. Es gibt aber noch andere Anzeichen für sie.
 
Das ist einmal der bereits festgestellte schwach S-förmige Verlauf der Stadtmauer auf der Südseite. Dieser erklärt sich dann so: Auf der Strecke vom Unteren Tor bis fast zum Spitaltor wurde der Zug der ältesten Befestigung übernommen und ausgebaut. Dieser biegt hier schwach nach außen aus. Beim Spitaltor hätte man wohl die neue Stadtmauer mit einem deutlichen Knick an die alte ansetzen können. Dies wollte man aber offensichtlich vermeiden und setzte deshalb beim Bau des Spitaltores die neue Mauer mit schwacher Einbiegung bis zur Südostecke fort.
 
Noch viel deutlicher spricht die Lage des öttinger Schlößchens für die vermutete Altstadt. Das Schlößchen ist ohne Zweifel älter als die neue Stadtmauer von 1400, denn diese kreist es schon halb ein und entwertet es damit auch als Burg. Wenn wir aber eine Altstadt annehmen, dann kommt es als eigener und unabhängiger fester Platz vor deren Befestigung zu liegen und zwar mit einem eigenen Zugang von Norden.
 
Gegen die Altstadt scheint aber das Obere Tor zu sprechen, dessen Unterbau nach Schaudig (S. 58) "der frühromanischen Zeit angehören dürfte". Es ist aber fraglich, ob man es schon in so frühe Zeiten setzen darf. Schaudig nimmt an (S. 4), daß der Klostergarten wohl den ganzen nordwestlichen Teil der Stadt einnahm und findet es für sehr wahrscheinlich, daß das Obere Tor in seinen Grundbestandteilen der Zugang zum Klostergelände war. Er muß zu diesem Schluß kommen, weil aus den Urkunden nichts von einer Altstadt im besonderen zu entnehmen ist.
 
Das Kloster Feuchtwangen hätte sehr viele Leute gebraucht, um den von Schaudig angenommenen Umfang der Befestigung einschließlich seiner Gärten zu verteidigen. Wir müssen uns den Klosterbezirk wesentlich kleiner vorstellen, auch noch den des Stiftes. Die Klosterbefestigung kann also nicht bis zum Oberen Tor gereicht haben. Die von Schaudig als Beweis für hohes Alter angeführten Bildhauerarbeiten können auch erst in späterer Zeit von einem anderen Bauwerk an das Obere Tor übertragen worden sein.
 
Alle Rätsel lösen sich, wenn wir folgende Entwicklung annehmen: Zuerst wurde neben dem Kloster bzw. dem Stift die Altstadt gegründet. Als diese wirtschaftlich aufblühte und ihre Befestigung besaß, legte man von ihr bis zum Oberen Tor hin das Stiftsviertel mit den Häusern der Chorherren und Vikarier an.
 
Dies alles wurde schließlich um 1400 mit der Stadtmauer umfangen, so daß diese die Gärten zwischen Oberem Tor und Ottinger Schlößchen einschloß und auf der Ostseite auch die beim Heimatmuseum vermutete Turmhügelburg. Den Abschluß dieser Entwicklung bildete dann der Bau des Spitaltores.
 
Auf diese Weise können wir auch das Fehlen des Weges hinter der Stadtmauer erklären. Wir dürfen wohl annehmen, daß das Stift und die Chorherren auf dieser Seite die Stadtmauer zu verteidigen hatten.
 
Um das Jahr 1000 beklagte sich der Dekan Wigo in einem Brief an Bischof Luitold von Augsburg über die Bedrückungen des Klosters durch den Sohn eines gewissen Richard unter Mithilfe der Bevölkerung (adjutorium civium). Aus dem Wort civium schloß Schaudig (S. 20), daß es bereits damals eine bürgerliche Ansiedlung neben dem Kloster gab, also etwa einen Markt. Da aber für diese Zeit noch das Bedürfnis nach einem Marktort fehlte, erscheint es zweifelhaft, ob wir auf Grund dieser Briefstelle schon einen Markt annehmen dürfen. Diese bürgerliche Siedlung könnte dann aber nur klein gewesen sein, so daß wir selbst in diesem Falle wieder auf die vermutete Altstadt kommen würden.
 
Aus diesen wenigen Anzeichen dürfen wir bereits einen älteren Stadtkern als sicher annehmen. Diese Altstadt muß dann das oppidum Feuchtwangen mit seiner Bürgerschaft (civitas) gewesen sein, die 1284 und 1293 unter Rudolf von Habsburg genannt werden, bzw. das 1241 genannte Feuchtwangen. Hier vertrugen sich auch schon im Jahre 1258 die Grafen von Öttingen mit Ulrich von Wahrberg. Damit kommen wir bereits bis an die Zeit der Staufer heran, in die wir erst die Gründung dieser Altstadt verlegen dürfen.
 
Wenn wir uns die Befestigung der Altstadt verhältnismäßig einfach vorstellen, so erhalten wir andererseits die Erklärung, weshalb Feuchtwangen zusammen mit Aufkirchen im Jahre 1347 nur als ."Markt" bezeichnet wird.
 
Diese Altstadt war es also, die nach Schaudig 1309 und 1388 von Dinkelsbühl aus zerstört wurde. Sie war die Reichsstadt, die 1376 an Burggraf Friedrich V. von Nürnberg verpfändet wurde. Diese Erwerbung war für den Burggrafen eine höchst willkommene Gelegenheit, denn schon seine Vorfahren hatten seit etwa 1250 begonnen, zäh und klug ihr Territorium auszubauen.
 
Mit Feuchtwangen hatten die Burggrafen einen wichtigen Stützpunkt gewonnen, der ihnen erlaubte, ihren Machtbereich weiter nach Westen hinauszuschieben. Damit hatten sie die Straße von Schwäbisch-Hall über Crailsheim nach Nürnberg in ihrer Hand. Sie konnten nun aber auch die mindestens gleich wichtige Straße von Würzburg über Rothenburg und Dinkelsbühl nach Augsburg und den Alpenpässen kontrollieren. Mit Feuchtwangen hatten sie aber auch eine wertvolle Operationsbasis gegen die Reichsstädte Rothenburg, Hall und Dinkelsbühl gewonnen.
 
Einen so wichtigen Stützpunkt und Vorposten vor dem burggräflichen Machtzentrum von Ansbach und Nümberg galt es vor Angriffen und Zerstörungen zu sichern. Dies hatte das Jahr 1388 gelehrt. Die Erweiterung der Stadt und der Bau der Stadtmauer lagen deshalb durchaus im Sinne der burggräflichen Hausmachtpolitik.

Erstellt am 25.3.1999 durch Hans Ebert
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