Wilhelm Funk - Feuchtwangen - Werden und Wachsen einer fränkischen Stadt
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Das nachfränkische Straßennetz bis zur Gegenwart

 
Die fränkischen Heerstraßen zeichneten bereits die Linien der mittelalterlichen Reichs- und Handelsstraßen vor; die Kaiser der nachfränkischen Zeit hatten weder Veranlassung noch die Macht, neue Straßen zu planen und anzulegen. Aber die vorhandenen Straßen wollten sie doch in der Hand haben. Die Staufer schufen ihren Flächenstaat dadurch, daß sie an den Knotenpunkten die neuen Machtstützen, nämlich Städte und Burgen, anlegten oder sonstige Rechte erwarben.
 
Um das Jahr 1200 sitzen die Staufer rings um Feuchtwangen in den nächsten größeren Orten. Mit Hall und Ansbach kontrollieren sie die wichtige Westoststraße vom Rhein nach Nürnberg und Böhmen, mit Rothenburg und Dinkelsbühl die ebenso wichtige Nordsüdstraße von Würzburg nach Augsburg. Mit Aufkirchen sperren sie die Sulzachstraße nach Feuchtwangen und die Straße zur Altmühlfurt bei Herrieden, mit der Burg Großenried den nächsten Übergang über die Altmühl.
 
Bei dieser zentralen Lage Feuchtwangens inmitten dieser Orte, noch dazu am Kreuzungspunkt zweier wichtiger Straßen wäre es wirklich ein Wunder gewesen, wenn die Staufer hier nicht Fuß gefaßt hätten. Deshalb schreiben wir den Staufern auch die Gründung der Stadt Feuchtwangen zu.
 
Doch dazu mußten Wörnitzstraße und Sulzachstraße so zusammengekoppelt werden, wie heute noch die Bundesstraße läuft, nämlich von Unterwörnitz nach Dorfgütingen und Feuchtwangen und weiter über (Mögersbronn und) Schopfloch nach Dinkelsbühl, aber hier zum Wörnitztor.
 
Diesen Zug können wir uns aus einem um 1360 abgeschlossenen Vertrag24 urkundlich belegen. Erzbischof Gerlach zu Mainz, Bischof Albrecht zu Würzburg, die Grafen Ludwig d. A. und Ludwig d. J. von Öttingen, Kraft und Gerlach von Hohenlohe, Gerlach und Johann von Rieneck und Gottfried von Brauneck vereinbarten mit dieser Urkunde die Sicherheit und das Geleit für die Kaufleute und die übrigen Einwohner von Augsburg in ihren Gebieten. Dieser Vertrag beschreibt genau den Verlauf der Straße und die Strecken, auf denen die einzelnen Vertragspartner das Geleit geben.
 
Von Aub über Reichersroth und Gebsattel bis nach Östheim geleitet Graf Gerlach von Hohenlohe, durch Östheim und die Östheimer Steige hinauf bis nach Unterwörnitz der Bischof Albrecht zu Würzburg. Nach diesem Vertrag lief also die Straße von Rothenburg nach Dinkelsbühl um 1360 über die Östheimer Steige und Unterwörnitz nach Feuchtwangen und von da nach Dinkelsbühl, also nicht wie nach dem kurzen Reisebericht von 1151 die Wömitz entlang. Der Vertrag hält sichtlich Rechtsverhältnisse fest, die schon immer bestanden oder sich mindestens seit längerer Zeit eingespielt haben. Auf alle Fälle dürfen wir die Umleitung über Feuchtwangen mindestens in das 13. Jahrhundert zurückverlegen.
 
Diese Umleitung hängt offenbar mit der Gründung und dem Aufstieg der Stadt Feuchtwangen zusammen. Sonst hätte ja eine neue Stadt an der Kreuzung der Wörnitzstraße mit der Straße von Hall nach Nürnberg entstehen müssen, also in Reichenbach, Mosbach oder Tribur, demnach muß die Umleitung noch in die Stauferzeit um 1200 fallen.
 
Da diese Umleitung den Dinkelsbühlern eine unerwünschte Konkurrenz brachte, läßt sich begreifen, weshalb sie Feuchtwangen zerstörten, 1309 wie 1388. Wenn sie noch um 1380 das heutige Rothenburger Tor errichteten, so beweist dies, daß sie noch weiter auf einen neuen Aufschwung der Wörnitzstraße hofften. Diese Hoffnung erfüllte sich aber nicht, weil offenbar die Grafen von Öttingen nach dem Aussterben der Staufer ihr Geleitsrecht nicht aufgaben, bzw. nicht verlegen wollten.
 
In den folgenden Jahrhunderten blieben die Verkehrsverhältnisse um Feuchtwangen erst recht beim alten. Die Burggrafen von Nürnberg, die nun von Nürnberg und Ansbach aus ihr Territorium immer weiter nach Westen schoben, bis nach Crailsheim, hatten das größte Interesse, daß sie mit ihrer Landstadt Feuchtwangen auch die so wichtige Handelsstraße vom Rhein nach Augsburg in der Hand hatten.
 
So blieben die schon von den Franken geschaffenen Verkehrsverhältnisse maßgebend bis in die Gegenwart. Die beiden Hauptstraßen durch Feuchtwangen wurden schließlich Poststraßen und heute Bundesstraßen. Sie führten noch im vergangenen Jahrhundert illustre Gäste durch die Stadt.
 
Angeblich weil es ein Verkehrshindernis bildete, brach man 1869 das Untere Tor ab. Inzwischen hatte sich aber der Verkehr bereits neue Wege gebahnt, jedoch fernab von Feuchtwangen! Die moderne Nachfolgerin der Westoststraße, die Eisenbahnlinie Stuttgart - Nürnberg, zieht bei Dombühl vorbei und die der Nordsüdstraße gar über Ansbach und Treuchtlingen. Seit 1876 ist zwar auch Feuchtwangen an die Eisenbahn angeschlossen, allein diese Nachfolgerin der alten Straße Würzburg - Augsburg ist von Steinach bis Donauwörth aus recht verschiedenen Kleinstrecken zusammengestoppelt: Als "Grenzbahn" läuft sie zu nahe dem "Ausland" Württemberg!
 
Nach dieser Betrachtung der Verkehrsverhältnisse kehren wir aber nochmals zum Ursprung Feuchtwangens zurück, um zum Abschluß die schon mehrmals angeschnittene Frage nach dem fränkischen Königshof in Feuchtwangen zu beantworten.

24) K. Weller, Hohenlohisches Urkundenbuch III, 180.

Erstellt am 25.3.1999 durch Hans Ebert
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