Band 1
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Übersicht Briefe
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Lateinischer Originaltext


Brief 4

Der Feuchtwanger Klostervorsteher Wigo bedankt sich bei Bischof Liutold von Augsburg (988-996) für gewährte Unterstützung und erbittet weitere Hilfe.
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Liutold, vom Himmel mit dem Pallium 20 des höchsten Priesteramts bekleidet, wünscht Wigo, der wehrlose Hirte einer noch zu vereinigenden Herde, die Freude überirdischer Glückseligkeit in Christo. Daß die so nützliche Gesandtschaftsreise zu unserem Kloster einen glücklichen Verlauf nahm, dafür preisen wir vor allem den höchsten Gott in einem Lobgesang; denn er geleitet mit sicherem Schritt und Weggeleit immer diejenigen, welche von ihrem mutigen Bemühen nicht ablassen. Daß die brüderliche Neuansiedlung einen Zuwachs bekam, schreiben wir dem Verdienst Eurer uns wohlmeinenden Gesinnung zu, da Ihr den Boten, der durch unsere Unwissenheit schlecht unterrichtet war und das lahme Blättchen Papier durch lebendige Worte und geistreichen Scherz erst so recht auf den Weg gebracht habt. Wir finden es als lästig, wenn wir beim Gottesdienst in der Kirche gegen das Gekreisch der Vögel mit unserem Gesang nicht ankommen. Sie fliegen munter von allen Seiten durch die offenen Fenster herein. Wenn wir uns zu Boden werfen, von allen Seiten schneeumweht, so bewegen wir uns im Schmutz. Aber trotzdem würden wir dies gemeinsam ertragen, wenn wir nur den Altar des Herrn 21 vor dem Schnee schützen könnten. Die brennenden Kerzen flackern im Wind und verlöschen unter vielen wächsernen Tränen. Wenn Ihr uns zum Verschließen der Fenster 22 einige Leinentücher 23 gebt, könnt Ihr leicht diese Klage stillen. Wir verneigen uns und bitten Euch, Ihr wollt unserem Schmied eine beliebige Menge Eisen schicken. Wir benötigen es zur Wiederherstellung des für uns so wichtigen Eisengerätes. 24

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BriefX4 

  
  
Brief 5
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Lateinischer Originaltext:
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4.
Liutolde pallio summi sacerdocii celitus inusiato Wigo congregandi gregaminis inermis opilio gaudium superne felicitatis in Christo.
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Cursum effectuose legacionis ad monasterium nostrum fore prosperatum summo Deo primum ymnizamus, qui directaneo gressu vialique ductamine semper dirigit secum cordis conamine versantes. Fraterne autem deduccionis augmentum merito vestre pietatis asscribimus, quia pelliferum nostra insicia minime edoctum et tempentia scedule verba vivida aucta facecitate vie direxistis. Illam incommoditatem inportune sustinemus, cum Dei ministerio aecclesie congregamur, quod conglobatarum avium garritus contanto superara nequimus, que undi-que pennigero volatu invehuntur patulis fenestris, et quando nivoso prosternimur pavimento, ex omni parte nive afflati cenosi volutamur. Sed tamen communiter degentes hec oportune toleraremus, si dominicum altare a ninguine defendere possemus. Accense candele flamine ventorum turbate multum lacrimantes extinguntur.
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Ad clausuram fenestrarum si aliquos lineos tribuitis pannos, potestis facile istam querimoniam sarcier. Quatumlibet calibis ferramenta sarcienda, que nobis sunt necessaria, flexo petimus collo nostro iubeatis transmittere Vulcano.

20) Das Pallium ist die weiße, mit Kreuzen versehene Schulterbinde des erzbischöflichen Ornats, das Hauptabzeichen des Erzbischofs. Ausnahmsweise trugen es auch Bischöfe.
21) Es gab wohl damals nur einen Altar in der Klosterkirche.
22) Es ist möglich, daß die Kirche neu aufgebaut war und noch leere Fensterhöhlen hatte. Es war üblich, die Fensteröffnungen bis zum Eintreffen der bemalten Glasfenster mit Leintüchern zu verhängen.(Regesten der Bischöfe von Augsburg. S. 111) Hinweis: Der Abt Gozbert des Mutterklosters Tegernsee war für die Aufnahme der Glasmalerei in Deutschland wichtig.
23) In Brief 34 wird geklagt, daß sich die Frauen, die zum Kloster gehören, weigern, für die Mönche zu weben. Brief 34 gehört nicht zu den "Feuchtwanger Briefen". (Siehe Anhang!)
24) Kapitel 31 und 32 der Benediktus-Regel betonen die Wichtigkeit von Werkzeugen und sonstiger Habe für die Klöster (S. 119, 121).
Erstellt: 12.3.1998 - letzte Änderung am 2.2.2000 durch Hans Ebert
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